Der Peter ist zurück!

Am Samstag war es nach gut fünf Monaten und vielen Tausend Seemeilen endlich soweit: der Peter hat wieder am heimischen Steg am Bootshaus festgemacht. Lang erwartet von allen in Kiel verbliebenen und das Ziel bedeutend für alle an Bord, tauchte der Peter pünktlich um 16 Uhr vor dem ASV-Steg auf. Von vielen ASVern und Gästen an Land bewundert, drehte er natürlich noch die obligatorische Ehrenrunde. Dann war ‚Peter goes tall 2017‘ endgültig zu Ende – eine Reise, die auf dem Weg um den Atlantik einige Höhepunkte zu bieten hatte und von der die Crews einige Trophäen mit nach Hause brachten! Die Berichte und der Erfahrungsaustausch begannen dann aber erst und auch der Peter wurde – insbesondere von ehemaligen und zukünftigen(?) Langfahrern – noch einmal ausgiebig entdeckt. Bei leckerem Kuchen sowie frisch gegrillten Würstchen nahmen die Gespräche ihren Lauf und der Empfang ging abends langsam in die Welcome-Party über, wo die portugisische H-Milch, nun aber gekühlt und verdünnt mit 43er, natürlich nicht fehlen durfte.

Sir Peter von Danzig

So muss es sich wohl anfuehlen, wenn man von der Queen geadelt wird. Bei der Preisverleihung in Quebec wurde uns und 4 anderen Schiffen, die die gesamte Regatta mitfahren, eine Kopie des Briefes der Queen ueberreicht, der auf verschiedenen Schiffen von London nach Quebec gebracht worden ist. Wenn ihr wissen wollt, was drin steht, muesst ihr euch noch etwas gedulden bis der Peter wieder in Kiel ist.
Presentation of HRH letter at the Quebec Prize giving – 20 July 17

We were delighted to receive a letter from Her Majesty The Queen before the ships departed Royal Greenwich on their journey to Quebec.

The letter has changed ship in each race port, starting on Wylde Swan, then transferring to Jolie Brise in Sines, then HMCS Oriole in Bermuda where it was handed over via the Queens representative there, the Governor of Bermuda, before being transferred to Rona II in Boston.

Since this event began in April in London, many ships have joined the fleet or departed in various ports along the way, however five vessels have been with us from the very start, and four of those will be part of the fleet that departs here to Halifax and then races back across the Atlantic to France, the fifth (Wylde Swan) staying in Canadian waters for another month for the Outport programme.

The five vessels presented with a copy of the letter were: Jolie Brise, Blue Clipper, Wylde Swan,Peter von Danzig and Rona II

Schwacher Wind, starke Eindrücke an Land

Die letzte Woche gibt es heute einmal in Bildern, natürlich inklusive dem Beweis, dass wir wirklich Wale gesehen haben und uns die nicht nur im Gasthof „zum tänzelnden Peter“ etwas beschwipst eingebildet haben 😉

Vom Ankerplatz vor der Ile du Bic nach Rimouski sind wir dann bei bestem Sommerwetter unter Spi gesegelt. In Rimouski wurde Canada 150 mit einem großen Stadtfest gefeiert, die Hauptstraße war gesperrt, statt Autos gab es dort also Musik und Bier an allen Ecken und so haben wir französisch-  und englischsprachiger Musik aus den verschiedensten kanadischen Provinzen gelauscht. Und sportlich waren wir auch noch: Die einen etwas gemütlicher am Fluss von Rimouski entlang mit Pausen am Strand und am Biertresen, während die anderen schon früh morgens Richtung Nationalpark du Bic aufgebrochen sind und abends nach 70 km wieder zurück gekommen sind. Zuerst am Wasser entlang, immer auf toll ausgebauten Fahrradwegen, mit einem kurzen Stopp an einer französischen Bäckerei, ging es ein paar Berge hoch und runter zum Nationalpark. Auch hier konnten wir die kleinen Buchten mit dem Rad erkunden, den Blick über Salzwiesen und kleine Inseln streifen lassen und einige historische Häuser anschauen. Ein bisschen wandern waren wir auch, oder besser gesagt von Stein zu Stein kraxeln und zwischendrin die wohlverdiente Mittagspause. Nach Rimouski hat uns dann leider der Wind verlassen und der Strom war mal mit und mal mit 4,5 kn gegen uns. Dafür hat sich die Wassertemperatur zu unseren Gunsten entwickelt, hatten wir in der einen Nacht noch 4,9°C, waren es dann am nächsten Abend kurz vor Quebec 22,5°C.

Christina für die Peter Crew

 

Waltag – Ankerwachenlyrik

Denk ich an Wale in der Nacht, bin ich um meinen Schlaf gebracht!

Norbärt zugedacht, der uns leider weder beim Wale-Gucken noch beim Anker-auf-Manöver helfen konnte, da er allzu frühzeitig von Bord gehen musste

Wie immer beginnt ein Waltag mit Walversprechen: „Ich verspreche Euch,“ sagte der Schiffer, „dass Ihr heute Wale sehen werdet.“ Und so segelten wir gen Tadoussac, voller Erwartungen. Wir kreuzten nach Westen, das Wasser wurde immer kälter und unsere Mützen immer tiefer in die Stirn gerückt. Dort, wo der Labradorstrom den Sankt-Lorenz-Strom erreicht, ließen sich dann endlich ein paar weiße Rücken in den Wellen erkennen – es waren Belugawale. Der erste Waldurchgang!

Beluga

Die Crew des Peters drängte sehr zum Wal,
die Kreuz dorthin war wirklich keine Qual.
Und dann kam er – der Beluga!
Die ganze Crew sah ihm zu da,
denn der Wal kam in einer großen Zahl.

Die Hochrechnungen können sich sehen lassen,
die Beluga kamen wirklich in Massen.
20 Tiere, nennen wir es doch in Zahlen,
und nein, wir beginnen nicht zu prahlen.

Ob es auffällt, wenn dort einer fehlte,
und uns die kommenden Monate verpflegte?
Walschlickspieße, … und Walkadellen
würden ersetzen Brot, Gemüs und Sardellen.
Nein, nein, alles nur froher Übermut und Flaxerei,
einer Crew, die staunte mit Kinderaugen, als wäre sie erst Drei!

Der Rücken so weiß wie Schnee,
die Landzunge im Gegenlicht so schwarz wie Ebenholz,
und die Wolken am Abendhimmel glühten so rot wie Blut.
Einfach ein märchenhaftes Schauspiel,
welches wir da erleben durften.

Im Gasthof „zum tänzelnden Peter“ (Peter of Dancing/Pierre de la Danse) kehrten wir am Abend ein,
essen ganz vegetarisch und vorzüglich fein.
An Getränk mangelte es auch mitnichten,
am Ufer verdoppelte sich die Zahl der Fichten.

Die portugiesische H-Milch so weiß wie Schnee,
die Rum-Cola-Mischung so schwarz wie Ebenholz,
und die Wolken am Morgenhimmel so rot wie Blut.
Einfach ein märchenhaftes Schauspiel,
welches wir da erleben dürfen.

Die Ankerwache von 4 bis 5 sollte ich machen,
und so den Schlaf von Schiff und Crew bewachen.
Nun sitze ich an Deck bei weißem Mondschein,
von Osten kommen die ersten Sonnenstrahlen rein.
Die stille und friedliche Bucht lädt zum Nachdenken ein,
dies kann wirklich nicht das schlechteste Hobby sein!

Frühes Morgenlicht spiegelt sich auf aalglatter See,
Ankerwache tut nicht weh.
Kleine Wellen klatschen,
Lummen patschen,
und die Sonne hat nun schon Kraft.
Der Wunsch nach Frühstück und Segelsetzen kommt mit Macht.

Die Sonne steht schon hoch am Himmel,
als die letzte Wache beginnt.
In den Kojen leises Schnarchen,
die Crew liegt im wohlverdienten Schlummer
und träumt vom Waltag.
Rings herum friedliches Idyll,
Wasser, Felsen, Vögel,
und die Zeit scheint stillzustehen.
Kein Gedanke an Lichtmaschine, Fockstagspanner, Antennenkabel.
Allein am Horizont ein Dreimaster in langsamer Fahrt,
wartet wie wir auf den Einlass in den nächsten Hafen.
Und eine Dusche wäre jetzt auch nicht schlecht.

Es schnarcht und prustet unter Deck,
ich denke mir oh Schreck,
Ein Wal hat sein Versprechen,
sich uns zu zeigen nicht vergessen.

P.S.: Dieses poetische Oeuvre erstand während der Ankerwache in der Nacht vom 12. auf den 13.07. in der Anse a l’Original nach einem wunderbaren Waltag als fortlaufende literarische Performance der gesamten Crew.

Über Stock und Stein in der Gaspesie

… Oder: Wenn Segler mit Rossmann-Tüte und Handtasche wandern gehen.

Es ging früh morgens mit einem alten, gelben Schulbus zum Nationalpark de la Gaspesie mit dem Ziel, den 1088 m hohen Mont Albert zu erklimmen. Zu Beginn der Wanderung wurde zunächst ein „Vorher“-Foto geschossen und dann machten wir uns auf die 18 km lange Wanderung mit 800 Höhenmetern. Der Ausrüstung entsprechend wurden schnell ein paar Rollen verteilt und Henrik zum Navigator und Mareike zur Reporterin ernannt, während andere einfach nur gut aussahen. Wir kamen dann recht gut voran, genossen die Aussicht, wanderten mal durch Laub- mal durch Nadelwald und hofften, dass sich die Wolken noch verziehen würden bis wir oben angekommen sind. Kurz vor Erreichen des Gipfels wurde die Navigation durch tiefhängende Wolken erschwert und den obligatorischen Umweg einer jeden guten Wanderung hatten wir dann auch abgehakt. Während der wohlverdienten Mittagspause nach 2,5 Stunden auf dem Gipfel konnten wir dann beobachten, wie der nahegelegene See ab und zu in Nebelschwaden verschwand, bevor es dann aufriss und wir einen tollen Blick auf die umliegenden Berge hatten. Nichts ahnend, was der Abstieg noch für uns bereithalten würde, setzten wir den Rundweg gut gestärkt fort, denn 2/3 der Strecke sollten noch bezwungen werden. Nach einem entspannten Kilometer über das Hochplateau mit Blick auf ein paar letzte Schneefelder, wurde dann der Pfad zum Bachlauf und der Abstieg steil. Die Kunst bestand darin, möglichst elegant und trockenen Fußes von Stein zu Stein zu balancieren. Diese Bemühungen nahmen ein abruptes Ende, als wir das erste richtige Flussbett durchqueren mussten. Einige fluteten direkt ihr Schuhwerk aka Bootsschuhe, andere schonten ihre Wanderstiefel vorerst und wateten barfuß durch das eisige Wasser. Unser Weg war weiterhin von Felsbrocken gesäumt, wurde jedoch zunehmend von größer werdenden Schlammpfützen unterbrochen. Nach der zweiten Bachdurchquerung gerieten wir unter leichten Zeitdruck, da die Abfahrtszeit des einzigen Busses näher rückte, unser Zielort aber nicht wirklich. Also hieß es Tempo machen! Vier von uns rissen die letzten 8 km in 2,5 Stunden ab. Gerade rechtzeitig, um noch ein eiliges Nachherfoto zu schießen und zum Bus zu sprinten. Den Busfahrer davon zu überzeugen, auf unsere zwei Nachzügler zu warten, war mäßig erfolgreich. Eine plietsche Mitarbeiterin des Nationalparks verstand es allerdings seeehr gut, Zeit zu schinden und bestand darauf, erstmal alle unsere Personalien sowie Namen und Kontaktdaten der „Vermissten“ aufzunehmen. Kurz vor knapp und fast eine Stunde zu spät hatten es Neeskea und Henrik dann geschafft und wir konnten gemeinsam die Heimfahrt antreten, ohne die Park-Security in Aufruhr versetzt zu haben. Als wir dann schlammverschmiert, völlig zerstochen und hungrig am Schiff ankamen, haben wir uns sehr über den Kaiserschmarrn gefreut und sind nach einer Entschlammungsdusche sehr schnell in die Kojen gefallen.

Die Tour aufarbeitend lasen wir im Reiseführer:

„Die Besteigung des Mont Albert ist Trekking der Spitzenklasse.

Die Besteigung ist extrem anstrengend, gut eingelaufene Wanderstiefel, vier gefüllte Wasserflaschen und mehrere Schichten warme und wetterfeste Bekleidung gehören zur Grundausrüstung.“

Und die Moral von der Geschicht: Dem unerschrockenen Segler graut es auch vor Bergen nicht.

Patricia und Christina für die Wandergruppe

Es radebrecht: duuuze persons all se way, äh chemin. No showers pas du tout. Also, hier schon, aber nicht an Bord

Immer noch Sainte Anne dM, Sonntag, 9. Juli – und wie es uns ab Donnerstagabend weiter in der Provinz Québec erging.

Sylvain, der Hafenmeister, sieht aus wie der Seebär himself, über die Toppen tätowiert, bärtig, in allen Sprachen der Welt versiert wie einstmals Manfred Krug als LKW-Fahrer oder eben wie Seebär persönlich. Die nötigen Papiere – Sicherheit und so – sind anhand vorhandener Vorlagen der anderen Schiffe fix ausgefüllt, unsere Sicherheitsoffizierin Mareike kann pausieren. Wir bekommen Schlüssel für Dusche und Steg und dann gibt’s erstmal Anlegerbier. Einer der ortsansässigen Liegeplatzinhaber ist für’s nächste Jahr Ableger und lädt uns auf das dazugehörige Bier mit ein. Unsere Frage nach Landstrom bringt zutage, dass wir den passenden Stecker nicht haben. Irgendwer fährt los, zwanzig Minuten später haben wir das Ding, bezahlen dürfen wir es nicht und falls wir morgen ein Auto brauchen …

Peter bastelt, dann brennen die Lichter und die Handys laden. Wir duschen und Christina wirft französischen Gemüseeintopf auf die Back. Danach ausschlafen, zwischendurch der besagte Sturm.

Am Morgen danach findet Antje einen Bäcker, der sich hinter ganz und gar nix in ganz Frankreich verstecken müsste und dessen Produkte alles bisherige nordamerikanische Gebäck um Längen schlagen. Seeheldenfrühstück. Anschließend großer Einkauf: Bier, Briefmarken, Diesel etc., mit dem besagten Auto. Die Crew teilt sich, bereitet das Schiff auf das Festival du maquereau und Tallshipsdingens vor, wäscht Wäsche, beflaggt das Schiff. Dreiers finden einen Fischladen. Norbert geht von Bord.

Gegen 18 Uhr treibt der Schiffer die Crew hektisch zum Festzelt, man kann die Gastgeber nicht brüskieren und zu spät kommen. Wir sind die ersten. Der Schreiber dieser Zeilen wird vom Leiter des Festkommitees umgehend unter großen Worten – „Le Capitaine“ und so’n Zeugs – an einen Honoratioren weitergereicht, vermutet in diesem den Bürgermeister und wird umgehend belehrt, man sei der Präfekt, hierarchisch gleich nach dem Ministerpräsidenten. Der Schiffer sinkt peinlich berührt und leise weinend an die Schulter der unterschätzten Persönlichkeit, wird mit einem Glas Wein getröstet und dann darüber belehrt, man wolle nun zur Eröffnung schreiten, also zu den Schiffen. Wir landen auf dem Nachbarschiff, einem feinen Zweimaster aus Südkarolinien und dort gibt es ergreifende Reden und Schnittchen satt. Der Präfekt beschließt, alle Schiffe sehen zu wollen und wir hetzen an Bord, die letzten einsamen Socken von der Leine im Salon zu nehmen. Der Präfekt mag unser Schiff und uns, befindet aber, dass wir das falsche Bier an Bord haben. Kunststück. Lokalkram, da sind wir doch irgendwie, naja. Budweiser von hier halt – und die kanadischen Biere aus dem Supermarkt trinkt hier auf dem Steg auch keiner. Der Präfekt verabschiedet sich, kommt kurz darauf aber in Begleitung seiner Frau zurück und überreicht uns sein Lieblingsbier, das seiner Frau und eines, das sie noch nicht getestet haben. Man dankt. – Wir hatten mit einem kürzeren Event und keinem Essen gerechnet, verzichten im Weiteren auf die geplanten Nudeln und gehen gleich zu Dreiers Hummer über. Patricia macht Bordmusik. Satt, voller Begeisterung und Getränke erscheinen wir um Mitternacht zur Party, zu spät, im leeren Festzelt. Tags darauf erfahren wir, dass irgendwo in einem Pub … Sei’s drum, wir planen Revanche am Folgetag und gehen schlafen.

Samstag, gleich nach dem Frühstück, fluten Einheimische die Stege, es staut sich an der Zugangskontrolle. Der Rest: Lesen Sie die Titelzeile! Die Crew ist endlich einmal froh, dass der Leithammel so gern und viel sabbelt. Die Kommentare, die mehr oder weniger leise an des Schiffers Ohr geraten – ich verschweige sie hier. Öffentliche Selbstdemontage liegt mir nicht. Saubande! Ganz alleine haben sie mich nicht reden lassen (Danke Antje, Peter, Reemt, …!!!) Sonst nix auszusetzen an der Crew. Ihr versteht.

Der Tag geht, die Kartoffelsuppe kommt. Dazwischen passt noch ein Beer-Tasting. Christina leitet das Ganze neutral, sie mag kein Bier. Mareike ist Präsidentin, wir trinken nebst anderem auf Tillman. Es gewinnt die Gattin knapp vor ihrem Präfekten und weit vor dem noch unbekannten Bier. Die leeren Bierdosen sind dekorativ. Danach geht’s pünktlich auf die Fete. Es gibt Country-Musik, englischsprachige Gassenhauer und zwischendrin lokalfranzösische Lieder, alles live und von der Bühne. Neeskea macht Stimmung, Karo steppt und Henrik groovt. Der lokale Dialekt, gesungen wie gesprochen, liegt scheinbar dicht am Südfranzösischen. Das hilft neben lückenhaften Wortschätzen nicht wirklich weiter, schon tagsüber nicht. Man mag sich trotzdem gegenseitig und sehr offensichtlich schätzt man unsere Anwesenheit hier. Letztlich klappt die Verständigung trotzdem. Es kommt zu einem Intermezzo in einem Pub mit Spieleregal und lecker Cidre, weil die zweite Band des Abend nicht auftaucht. Mareike erklärt mir Rummy Cub. Wir entdecken auf dem Rückweg kurz vor Schluss, dass das andere Duo doch noch im Festzelt spielt. Es kommt zu kurzen Verbrüderungsszenen im kleinen Kreise. Der Abend endet.

Für den Sonntag begibt sich ein Teil der Crew ins Touristische, das erzählt er selber später. Wer an Bord das Wort hat, war ausgemacht und verabredet. De l’Allemagne, cinquante-cinque pieds, étudiants, … Es wiederholt sich, ohne langweilig zu werden. Man kann sich das Land angucken oder mit den Leuten reden. Die Zugangskontrolle und Sicherheitsüberwachung hat wieder die lokale Societé des Tamalous (ta mal ou? = Und wo tut’s Dir weh?) übernommen. Die machen auch sonst irgendwie alles. Der Hafenmeister middenmang. Wir vermuten, dass er niemals schläft, und wenn, dann nicht zuhause. Seine Gattin, auch er hat eine, verneint das. Wie gesagt, man unterhält sich mit und über Tiefgang, nicht auf Schiffe beschränkt.

Unbedingt zu erwähnen ist noch das Tall Ship Roter Sand. Dem Namen zum Trotz kanadisch mit Heimathafen Québec (wenn auch mit deutscher Geschichte), unterwegs in den heimischen Gewässsern und damit im gesamten Sankt-Lorenz-Gebiet. Man besegelt Marinekadetten kleinerer Nationen, Jugendgruppen diverser Herkunft mit oder ohne irgendwelche Probleme und ist schon damit aller Ehren wert. Der erste Offizier ist deutscher Herkunft, Profi, freundlich, hilfsbereit und versieht Wachführer und Skipper des PvD mit umfassenden Insider-Hinweisen zu sämtlichen Untiefen, Ankerbuchten, Strömungsverhältnissen, Besonderheiten von Land, Leuten, Tierarten. Jetzt wissen wir, wo die Wale sind, und warum. Und noch einiges mehr. Danke Peter(!)!!!

Der Tag schließt mit ein wenig Suppe und reichlich Kaiserschmarrn grace à la famille Dreier. Dafür dürfen sie weiterhin auch an Bord und in Norddeutschland Radl-Verleih sagen.

Das war’s. Der Worte sind genug geschrieben, alle Namen sind gefallen, alle haben mitgemacht und alles müsst Ihr auch nicht wissen.

Gute Nacht von Kay und Crew.

L’équipe flottante du Pierre …

Freitag, 7. Juli. Sainte-Anne-des Monts, Québec. Andere Ortszeit und die Uhren gehen hier auch sonst anders. Aber erst einmal zur Anreise:

Damit in Summerside die Hochsicherheitsstufe abgebaut werden kann, verlassen wir Sonntagabend den gastlichen Hafen und nehmen langsam Fahrt nach Norden auf. Die neue Crew muss sich etwas einreiten, aber freundliche südwestliche Winde bringen uns voran durch die Nacht. Das Logbuch vermerkt dann für Montag zunächst lediglich nautische Daten, Winde, Barometer. Wir sind zu sehr mit segeln beschäftigt, als dass wir Quatschkram und Bordblödsinn ins Logbuch eintragen würden. Essen, schlafen, segeln, ihr kennt das. Nebenher üben wir Zygrib (=Wetterdateien per ISatPhone, grob vereinfacht gesagt) und ergänzen per Internet vom nahen Land die Wetterwarndaten der kanadischen Hydrographen. Keine relevanten Warnungen, läuft. Mittags erreicht uns von Bord der Regina Germania eine E-Mail mit Einladung zur Ankerparty in La Malbaie. Wir nehmen ein wenig Dieselbrise, um noch bei Licht Anker werfen zu können, das klappt. Die Bucht macht ihrem Namen keine Ehre, wir haben es gut und ruhig. Freie Sicht auf den „Roche de Percé“, so eine Art Etretat in Kanada. Vogelparadies und -schutzgebiet. Die Langfahrer kennen die Mitlieger, wir schaukeln einhellig nebeneinander her und stellen die Uhren auf Québeczeit um. Wir haben es gut, falls ich das noch nicht sagte. Dienstagmittag trennt sich das Feld der Ankerlieger langsam wieder. Auch wir holen unseren Anker auf und segeln langsam gen Norden, an der Bucht von Gaspé vorbei und dann ganz allmählich immer weiter westlich. Es geht ruhig durch die Nacht und die Tide macht sich immer deutlicher bemerkbar. Morgens stirbt uns langsam der Wind weg. Flaute. Wir lernen einzelne der Windräder an Land etwas persönlicher kennen und fragen uns, ob wir an diesem oder jenem nicht eigentlich schon vorbei waren. Also Badetag. Der Peter treibt ein wenig herum, die Crew treibt ein wenig herum. Man kann es schlechter haben. (An die Neider unter Euch: Ja, doch, es geht uns angemessen schlecht. Und jetzt geht und schämt Euch für’s neidisch sein!) Irgendwann müssen wir ein wenig motoren, um nicht nur rückwärts zu fahren. Wir vergleichen das Landpanaroma mit bekannten Küsten. Dänemark, Schweden, Ammersee, Helgoland. Passt alles nicht so. Ist wohl doch wie in Kanada. Passt auch besser zum Ort in der Seekarte. ;O) Später segelt es sich wieder. Lockerer Zeitvertreib. Etwas Wind: segeln. Kein Wind: Segel runter, Maschine. Hmpf. Es wird Nacht und Donnerstag. Wir folgen der leichten Rundung der Küste im Süden.

Der Tidenstrom wird stärker, der Wind ab und zu auch, vorwiegend aus westlichen Richtungen. Wechselhaft. Zwischendurch, fast ohne Vorwarnung, Starkwind. Das spielen wir auch ein, zwei Male. Nicht, dass uns langweilig wird. Für die Donnerstagnacht kommt dann doch noch eine Gewitterwarnung herein, auch mit deutlich mehr Wind und wir entscheiden uns endgültig, die Maschine zu nutzen. Wir haben Freigabe für Sainte-Anne-des-Monts, dürfen einen Tag früher kommen und wollen abends „drin“ sein. Ein paar Telefonate, der Hafenmeister erwartet uns. Bei Annäherung sieht die Hafenanlage etwas anders aus als auf den Fotos im Handbuch, aber in der Nordwestecke des Hafenbeckens erwarten uns freundlich winkend gleich vier Festmacher(ge)hilfen auf einem Schwimmsteg. Die Wassertiefe reicht auch – bequemerweise sind wir auf die Minute mit der tiefsten Ebbe da. Zack, fest, passt. Kurz nach zehn Uhr in der Nacht ballert es zwanzig Minuten lang mit 9 Beaufort über uns hinweg, wir bringen noch ein paar mehr Festmacher aus und haben alles richtig gemacht. Später flaut es etwas ab.

Zum Touristenprogramm in Sainte-Anne-des-Monts kommen wir später. Erstmal herzliche Grüße vom Peter,

Kay und Crew

Segel-Treiben in der Neuen Welt

„Kaum waren wir aus der Gaspé-Bucht herausgesegelt und bewegten uns auf dem St. Lawrence River, als der Wind einmal mehr einschlief. Doch jetzt kam ein neues Zauberwort auf, das ein gewisses Vorwärtskommen auch ohne Wind sicherstellen sollte: Strom.“ Diese beiden Sätze stammen aus dem durchaus bemerkenswerten Büchlein über die Kanadareise 1984, meiner letzten Seereise mit dem – alten – PvD! Ja, dreiunddreißig Jahre ist dies her, fast eine halbe Lebensspanne, und nun bin ich wieder zum ersten Mal auf dem – neuen – PvD. Zwischendurch hatte ich vielleicht zwei-/dreimal meine Füße auf ein Segelschiff gesetzt, einige Stunden gesegelt, das war´s. Wie bei einigen von uns Segelbegeisterten aus alten studentischen Tagen, denen im weiteren Leben Beruf, Familie, Zeit und anderes daran hinderten, auf längere oder kürzere Törns zu gehen. Bis im letzten Jahr die Ankündigung von „Peter goes tall“ kam. Ist dies was für Dich? Genau da wieder anzufangen, wo es aufgehört hat vor 33 Jahren. Quebec wiederzusehen! Drei Wochen Zeit müssten doch drin sein. Und es klappte, ein Platz in der Crew war frei, zusammen mit Antje, Peter und Norbert, die zur selben Zeit wie ich studiert haben und PvD gesegelt sind. Aus drei Wochen sind es nun gut sieben Wochen geworden, samt Nordatlantiküberquerung, die ich 1984 wegen eines kurzfristigen Jobangebots verpasst hatte. Mit durchaus gemischten Gefühlen mit meinen fast 60 Jahren betrat ich am 01.07. den PvD in Summerside – was hat sich mittlerweile geändert, was ist geblieben? Wie viel an Segelkenntnissen und Segelfertigkeiten sind noch vorhanden?

Um die Antwort voranzustellen: Vieles kommt langsam, aber sicher wieder – dank der sehr guten Anleitung, insbesondere von Mareike und Karo, der Unterstützung von Kay und der gesamten Crew. Zu der ersten Frage möchte ich jedoch in der Antwort ein wenig ausführlicher werden. Was hat sich geändert: Zunächst an erster Stelle die Sicherheit an Bord. Angefangen von der ausführlichen Sicherheitseinweisung am Beginn bis hin zu den Notrollen und klar festgelegten Verantwortlichkeiten bei den 8 wichtigsten seglerischen Notfallsituationen. Diese gab es natürlich auch vor 40 Jahren, wurden aber kaum thematisiert und nicht so strukturiert abgearbeitet. Schwimmwesten habe ich auf den verschiedenen Langtörns von 1979 bis 1984 nur zweimal auf See getragen, beide Male während Flaute im Englischen Kanal. Lifebelts waren üblich, aber nur bei stärkerem Wind und auf dem Atlantik – aber nicht im Passat. Hier ist ein deutliches Umdenken im positiven Sinne für mich wahrnehmbar. Dazu gehört an zweiter Stelle der Motor. Wie hieß es 1984 so schön: „What, you have no engine, God bless you!“ Nun kein Problem, wird es eng, geht der Motor an, was in vielen Situationen auch der Sicherheit dient. Als Nebenprodukt fällt physikalisch so etwas wie Strom und volle Batterien ab, Licht des Nachts – nun kein Problem. Auf dem alten PvD war Licht nachts eine Art Luxus, die Fortbewegung unter Deck intuitiv-tastbar, aber kaum visuell möglich. Dazu gehört dann an dritter Stelle die Elektronik: GPS, AIS, Inmarsat, Satellitentelefon, e-mail – Begriffe, die 1984 irgendwie an Bord nicht bekannt waren. Ein Schiff in der Nähe – AIS zeigt es! Wetter – die e-mail schickt es! Ein Standort extremst genau – GPS macht´s! Dies ist für mich als „Alt-PvDler“ ein echter Paradigmenwechsel hin zu noch mehr Sicherheit, Genauigkeit und Vorhersagbarkeit, wobei ich mich auch früher durchaus (fast) immer recht sicher gefühlt habe. Und nun komme ich zu einer weiteren Veränderung, die vom technischen her mehr in die menschlichen Bedürfnissen geht, nämlich die gut funktionstüchtige Toilette! Der alte PvD hatte zwar irgendetwas Toiletten-ähnliches, was jedoch nie im Einsatz war. Bugkorb und achtern waren angesagt, letzteres gelegentlich mit Wasserspülung inklusive, dazu die leeseitige Reling – das war´s bei Flaute und Sturm. Nun also unter Deck, ohne Verdruss, gelegentlich mit kleiner Warteschlange („ich bin dann Nummer drei“), auch dies trägt zur Sicherheit bei – war für mich, insbesondere was die Reling betrifft, eine gewisse Umstellung. Als letzter Punkt möchte ich das Essen ansprechen: Auch zu unserer studentischen Segelzeit war das Essen an Bord alles andere als einfach oder gar schlecht, aber Grundlage waren doch bei den Langtörns die Kieler Konservenbüchsen gefüllt mit EVST (heutzutage als Begriff der Ernährung kaum bekannt, könnte eher eine Abkürzung der IT- oder Musikszene sein), Erbsen, Möhren etc. Nun gibt es im Vorwege Rezeptabfragen, danach wird eingekauft und die Etappenspeisepläne erstellt, sehr viel frische Lebensmittel werden in den Häfen eingekauft, die nicht per Hand auf den PvD gebracht werden können aufgrund der Menge, jeden Morgen frischen Obstsalat – Skorbut ist vollkommen out! Wirklich tolle Gerichte, Sterne also nicht nur am Himmel, sondern auch unter Deck für die Pantry!

Vieles hat sich geändert, vieles ist glücklicherweise geblieben. Hier möchte ich an erster Stelle den Zusammenhalt und das Miteinander in der Crew nennen. Eine tolle Atmosphäre von jung und alt, Langfahrern und Kurzfahrern, offene Kommunikation, Unterstützung. Dies war für mich auch früher das Entscheidende gewesen und hat mich geprägt, auch für mein Berufsleben, was mit Segeln ja nun rein gar nichts zu tun hat. Das Zusammenleben auf engstem Raum, unter gelegentlich schwierigen Bedingungen, wechselnden Herausforderungen (auch Flauten können äußerst anstrengend sein) – dies setzt eine hohe soziale und emotionale Kompetenz voraus, die jetzt genauso vorhanden ist wie früher. Dazu gehört auch die weiterhin hervorragende Seemannschaft, die einen genauso hohen Stellenwert hat wie früher, was den Sicherheitsaspekt anbelangt, sogar noch mehr als früher – siehe oben. Dazu gehört die Faszination Segeln, die mich schnell wieder ergriffen hat, zwar körperlich in den ersten Tagen der Eingewöhnung noch recht anstrengend, die Genua bekomme ich jetzt nicht mehr per Hand fast ganz durchgesetzt – aber es wird langsam besser! Und dazu gehört die besondere Faszination PvD, die mich schon früher in den Bann gezogen hat. Fast bin ich ein wenig traurig, dass es 33 Jahre gedauert hat, bis ich diese Faszination wieder verspüren konnte, aber daran bin ja alleine ich schuld und dies kann ich auch ändern! Und dies ist auch das wirklich besondere am ASV, was Wolfgang Vogt früher immer mit den zwei Worten „Impossible solum“ zum Ausdruck brachte – unmögliches wahr zu machen! Dies erfahre ich nun ganz persönlich und genieße die Stunden, Tage und Wochen auf dem PvD – selbst das Kreuzen macht jetzt Spaß!

Henrik