Man öffnet die Tür seiner Blockhütte, stapft durch den Schnee, geht mal eben ein paar Zuckerahorne anzapfen, fällt auf dem Rückweg eine Birke, hackt sie klein, stopft sie in den Ofen und dann gibt’s Pfannkuchen mit Ahornsirup. Soweit das Klischee. – Ja, ich weiß, dass man Holz ablagert und dass Ahornsaft lange eindicken muss. Egal.
Unsere „Blockhütte“ segelt, angezapft wird nur die Teekanne und wenn einer mit der Axt an den Baum geht, gibt’s Haue vom Schiffer. Glücklicherweise segeln wir überwiegend im Sommer, statt frischem Ahornsirup gibt’s Lobster vom Grill oder so. Sehen wir mal, was wir so an Klischees finden und was man uns in Quebec davon austreiben wird.
Das dicke Schiff geht morgen auf Reise, ich komme in drei Monaten nach. Als einer derjenigen, die man im ASV durchaus liebevoll „alte Säcke“ nennt, kann ich mir den großen Traum im Gegensatz zu Wolfgang nur in einzelnen Etappen über mehrere große Reisen erfüllen. Dieses Mal wird’s Kanada.
Angefangen hat die Segelei für mich, als mein Vater mir als kleinem Jungen die Seekiste meines Urgroßvaters, eines Schiffszimmermannes, geschenkt hat. Seitdem war’s immer irgendetwas mit der See und den Schiffen. Kapitän bin ich nie geworden, aber was mich der ASV so (mit-)machen lässt, erfüllt die Sehnsüchte perfekt.
Während der „Peter“ schon nach Westen segelt, werde ich die Schulbücher rauskramen, das Französische für die Hafentage auffrischen und in der nautischen Literatur das Seegebiet ausmetern, Gezeiten, Strömungen, … Zwischendrin werde ich den Reiseblog lesen, mit etwas Neid und viel Vorfreude.
Sobald ich dann an Bord komme: In den Gasthäfen wird es ein Bündel aus Veranstaltungen, Feten, schlichten Landgängen geben, was die STI insgesamt mit „Völkerverständigung“ im besten Sinne aber dennoch nur unzureichend beschreibt und es gilt nicht nur für die Jungen.
Zwischen den Häfen segeln wir – Sinn der Sache – und sehen ‚was – Wale vielleicht? Kontakt zu den Crews anderer Schiffe ergibt sich auf See und an Land. Ich freue mich schon auf die Crew der „Rona 2“ – das war beim letzten Mal ’ne wirklich feine Truppe und ich werde sie in Rimouski treffen.
Der „Peter“ wird uns wieder sicher tragen, wir haben immer noch keine elektrischen Winschen an Bord, wir brauchen die vielen Menschen an Deck und so sieht man immer wieder, dass das Allermeiste eben nur gemeinsam geht. Die See lehrt Demut, die Enge an Bord treibt uns überflüssige Egoismen aus. Es ist ein Privileg zu sehen, wie klein und unwichtig man ist – und dass die Welt und das Leben doch schön sind. Unmittelbar.
Ich bin Kay und ich werde mit der sechsten Etappe auf dem Sankt Lorenz und in seinem Mündungsgebiet segeln und hören, was mir der große Strom und die Menschen an seinen Ufern erzählen werden.
Das mit der Birke und dem Ofen mache ich im nächsten Winter zuhause und Zuckerahorne anzapfen … Naja, man kann nicht alles haben.
P.S. Gruß an Peter: Mein Artikel lag auch schon ’ne Weile unfertig rum. ;O)
Christina war mal wieder zu schnell mit dem Einstellen des Artikels und damit sie nicht auch noch meine Korrektur einbringen muss: Im „P.S.“ hatte ich „Henning“ statt „Peter“ schreiben wollen. ;O)